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Marie Nov 2020
Als die abgekühlten, verschwendeten Träume des Unterbewusstseins
langsam ihre Farbe verlieren,
werden seine verwaisten Hände übertastig,
greifen blind nach dem Fleisch,
neben dem seinen,
das weltverloren aus der verweiblichten Realität atmet.

Im Niemandsland halbwacher Gedanken,
erscheint jene Schaufensterpuppe,
die ihn an einem ganz gewöhnlichen Wochentag,
mit ihrem leeren Blick fixiert.
Plastische Existenz im gedankenlosen Körper,
zum Schweigen gebracht,
damit sie ihr Selbst nicht verleugnen muss,
wenn ihr der rechte Arm auf links gedreht wird.
Im Vorbeistehn schenkt sie ihm ein unbewohntes
Lächeln.
Oder ist es doch sein eigenes,
das sich im Fenster spiegelt?

An den Venusgürtel der Blauen Stunde gekrallt,
hält er die Augen fest geschlossen
Unsichtbar für das Lichte,
nicht sehen,
nicht gesehen werden,
ein Sich-den-Sinnen-verweigern,
im unbemerkten Raum innerhalb der Zeit

Wie der Blaue Blumendichter,
so weiß auch er,
um die Notwendigkeit der Verschiebung,
wenn die ätherische Illusion berührt,
wenn das Subjekt zum Objekt geworden,
in die Nichtwirklichkeit zurückgeschoben werden muss,
damit das lyrische Heimweh aus der
Überlebensverhinderung befreit wird

Wäre sie immer noch das,
was er am meisten bewundert,
wenn er jetzt,
jetzt,
in diesem blutleeren Augenblick,
sein linkes Oberlid öffnete,
nur einen kleinen Spalt breit
?
Wäre sie nur eine der liebreizenden
Schmetterlingspflanzen,
deren sinnliche Blüten begierig mit seinem Unterleib
tanzen,
und die Töne aus seinen Lenden presst,
bis die Musik verstummt
??
Würde er in seinen Weißhaarzeiten auf einer Bank
sitzen,
unten am See,
eine verschlissene, offene Aktentasche auf dem Schoß,
den Kopf tief vergraben im ranzigen Leder
und mit zittrigen Händen

nach einer fragmentierten Erinnerungsspur suchend,
die längst in die Bedeutungslosigkeit geflohen war
???

Er wagt einen halboffenen Blick,
hinüber zur lichtblauen Sehnsucht,
dem gestern noch so gefräßigen Verlangen,
das sich nun,
in gnadenloser Sattheit,
in seiner Fleisches-Unlust ausbreitet.

Ausgelangweilt kratzen seine gierigen Finger an der fiktiven Verkleidung,
bis ihr schamhaftes Blut in seine eigene Selbsttäuschung tropft
und ihre Brüste aus den blaubepuderten Versprechungen bersten,
die er nicht ihr, sondern sich selbst gab.

Im Schein des Morgensterns
glänzt bereits der melancholische Trauertau,
als sich beider Seufzer ein letztes Mal berühren.
Hastig wickelt er prosaische Bandagen
um ihre offenen Wunden

und schiebt das Gestern in (s)eine neue Zukunft.
Blaue Blume = Sehnsucht (metaphysisches Streben) nach dem Unendlichen, dem Unerreichbaren
Katinka Jan 11
Du, ein Hauch, ein Schemen aus Licht,
im Tanz der Nebel, doch greifbar nicht.
Deine Worte, wie leise Wellen schlagen,
doch brechen sie, ehe sie etwas sagen.

Ein Blick, so klar wie gefrorenes Meer,
doch spiegelt es mich – und sonst nichts mehr.
Ich rufe, mein Echo verschlingt die Zeit,
doch schweigt dein Schweigen in starrer Einigkeit.

Ein Labyrinth aus unausgesprochnen Fragen,
ein Zögern, das unsre ******* zerschlagen.
Deine Nähe, ein Duft, der verfliegt,
und meine Hände, die leer zurückblieb'n.

Rastlos suchte ich Pfade zu dir,
doch fand nur Spiegel – verzerrt, ohne Ziel.
Kein Schlüssel, kein Wort, das Mauern zerbricht,
und ratlos versank ich im Dunkel des Nichts.

So schwandest du, ein Schatten aus Licht,
unschuldig, fremd – doch voller Gewicht.
Die Unnahbarkeit, dein unsichtbarer Schild,
warf meine Hoffnung und Liebe ins Nichts, gefühlt.

Nun stehst du, fern wie ein Stern am Raum,
greifbar nah, doch ein ferner Traum.
Und ich, ein Wanderer, verlor’n im Wind,
blieb stehen, als die Antwort entschwind’.

— The End —